Text & Musik. Lyrik. Lyrics.
Über das Schreiben von Songtexten
Der persönliche Ausdruck über die Sprache ist seit vielen Jahren ein wichtiger Teil in meinem kreativen Schaffen. Zum einen in Form von Texten, die ich zB hier auf meiner Website oder auch auf meinen Social Media Profilen über meine unterschiedlichen künstlerischen Tätigkeiten verfasse, und zum anderen in Form von Songtexten. Lyrics. Die ich seit Anbeginn auf Englisch schreibe, - eine Sprache, mit der ich mich schon lange beschäftige. In Verbindung mit meiner Musik aber vor allem auch mit meiner Singstimme schätze ich ihren weichen Klang sehr und habe das Gefühl, dass sie eine Art Zwischenglied ist, wie ein zweites Instrument, das es mir ermöglicht, meine Innenwelt mit der Außenwelt zu verbinden, und dabei gleichzeitig viel Spielraum für eigene Interpretationen bei den Zuhörenden lässt.
Die Texte zu meinen Kompositionen und Songs entstehen mal zeitgleich mit der Musik, mal unabhängig davon. Seit ich gemeinsam mit Pippo Corvino Musik mache (2016) habe ich immer wieder auch die spannende Aufgabe bekommen, zu einem seiner fertig komponierten Musikstücke einen Songtext zu verfassen. In diesem Fall ist die Melodie also bereits gegeben, und abgesehen von etwaigen kleinen rhythmischen Veränderungen übernehme ich diese als Grundlage für meine Lyrics.
Wie ich das Neuland betrete und mich auf die Suche mache…
Ende vergangenen Jahres war es dann nach längerer Zeit wieder einmal soweit und ich bekam von Pippo ein neues Stück, das eine sehr sangbare Melodie hatte, die ich gerne mit einem Text, mit Lyrics versehen wollte. Meine Herangehensweise dazu hat sich über die Jahre schon eingespielt: ich mache mich zuerst mit der Musik vertraut, höre mir das Audiofile immer wieder an bis ich es auswendig kann (...die englische Formulierung dafür to sing by heart trifft dieses Internalisieren von Musik wie ich finde noch schöner). Ich singe die Melodie dann erstmal wortlos auf Vokalisen, um ein Gefühl dafür zu bekommen, wie sie in meiner Stimmlage liegt. In diesem Anfangsstadium des Prozesses ist der Song stets bei mir, mit mir, …im Alltag, im Haushalt, oder auch wenn ich Wege habe — dann singe oder summe ich die Melodie oft vor mich hin (...die eine oder andere Wiener Bahnhofsunterführung würde das sofort bestätigen), nehme sie auf meine Spaziergänge mit (...auch der Wald hat sie schon gehört) oder lasse sie innerlich erklingen wenn das laute Singen gerade nicht so passend erscheint (...wobei ich letztens in der Zahnklinik, als ich eine Stunde auf meinen Termin warten musste, eine große Lust verspürte, in den unglaublich hohen und langen Gängen den Songstext, an dem ich gerade arbeite, singend erklingen zu lassen...).
Wie die Klänge die verlorenen Fäden meiner Geschichten verweben…
Mit dem Integrieren dieser für mich noch neuen Musik in meinen Alltag beginnt es zeitgleich meist auch thematisch in mir zu arbeiten. Wenn ich nicht schon Klarheit darüber habe, wovon ich erzählen möchte, entwickelt sich ein Gefühl dafür dann oft aus diesem „mit-der-Musik-unterwegs-sein“ heraus. So war es dann auch im Dezember, als ich diese neuen Klänge in meinen Alltag geholt hatte.
Das Jahr war bereits am Ausklingen, ich hatte mich gerade wieder von der Grippe erholt und in mir tat sich das Bedürfnis nach Verlangsamung auf, um all das, was ich im Jahr 2022 erlebt hatte, auf eine Art greifen zu können, um es nochmal bewusst zu reflektieren und sinken zu lassen. Und somit war bald klar, dass ich diesen Songtext diesem letzten Jahr widmen würde, das ein gleichermaßen erfüllendes wie auch forderndes und intensives war.
When I look back just for one moment / This moment's matter is this last year /
A year that asked me to look deeper / So deep awareness could appear
Anfangs bin ich oft mit dem Gefühl konfrontiert, im Rahmen eines Songs zu wenig Platz zu haben um all das auszudrücken, was in mir hochkommt... es erfordert dann viel formulierendes Hin- und Her, zahllose vollgeschriebene Seiten in meinen Notizbüchern, bis ich mich dann langsam an die Essenz herantaste. Oft hilft es mir auch, alle Gedanken und Bilder, die zu meinem Thema kommen, in einem Fließtext niederzuschreiben oder zu skizzieren, um mir dann die Wichtigsten rauszupicken, die zusammen ein stimmiges Ganzes ergeben.
I gave up some of my old patterns / And some of them are still with me /
But I can sense what really matters / Within this life's reality
Wenn ein Songtext dann fertig zu sein scheint staune ich oft, wie es dann doch möglich ist, aus einer großen Wolke an Gedanken, Bildern und Empfindungen die Essenz auf einfache Art in Worte zu fassen. Wie stimmig und passend dieser verhältnismäßig kleine Rahmen eines Songs mir dann plötzlich vorkommt um etwas aus meinem Leben mit der Außenwelt zu teilen.
I'm riding on those waves / While their water's flowing through me /
Stiring up old stories / Between the layers of my identity /
I'm riding on those waves / And knowing that I won't drown /
I'm following this new path / Balancing up and down /
From deep inside I'd heard this calling / That couldn't get through to my heart /
A braid of muted voides crawling / Along the line leading to restart /
Then I recall this special moment / Where answers finally brought release /
And what I sensed as my opponents / Just came along full of ease /
Und wenn sich der Rahmen dann doch eine Spur zu klein anfühlt…
Bei Konzerten erzähle ich oft gerne ein bisschen zur Entstehung unserer Musik, im Falle dieses Songs, den ich letztendlich „Waves“ genannt habe, war ein paar Tage vor unserem Konzert im Porgy&Bess im Jänner 2023 der Wunsch aufgetaucht, eben nicht frei zu darüber zu erzählen sondern eine Art Einleitung vorzulesen, die eine Atmosphäre schaffen soll, die einige der Bilder, die ich in diese Lyrics verpackt habe, auch nochmal in deutscher Sprache vermittelt…Metaphern, die im Entstehungsprozess sowohl auf Deutsch wie auch auf Englisch auftauchten und für mich in beiden Sprachen sehr starke Wirkung zeigten.
Zwischen den Schichten meiner Identität liegen Geschichten, stumm und verloren. Und wenn die Wellen dann wiederkommen und das Wasser mich trägt und gleichzeitig durch mich hindurch strömt bis in die Tiefe, bis zum Grund, wo sie liegen, die verlorenen Fäden der Geschichten, – dann wühlt das Wasser sie auf, und schon verweben sie sich zu einem stummen Stimmengeflecht, das sich schlängelt um die Linie, die nach oben führt, hinaus führt, und dann zu einem Wort wird, das plötzlich einen Weg beschreibt, der über den Wellen liegt.
PS: Gesungen habe ich in der Zahnklinik letztendlich nicht, stattdessen entstand die Skizze, die oberhalb zu sehen ist.
PPS: Der Song „Waves“ (Music Pippo Corvino, Lyrics Ángela Tröndle) wird auf unserem nächsten Album erscheinen. Im Newsletter könnt ihr erfahren, wann dieses erscheint oder auch wann wir den Song wieder LIVE spielen.