„Stille-Haltestelle in blau“ - Eine Ausstellung unter freiem Himmel

14.01.2025 – 14.03.2025 / Schaukasten der Mauerseglerei
Endresstraße 59c, Mauer, 1230 Wien


Ende 2024 bekam ich die Einladung, den Schaukasten vor der Mauerseglerei, einem Wohnprojekt in Mauer im 23. Wiener Gemeindebezirk, mit einer kleinen Ausstellung zu bespielen. Noch bevor ich mich real dort hin begeben hatte, begann ich, mir Gedanken darüber zu machen, auf welche Art und Weise ich diese Fläche gestalten könnte, welche meiner blauen Bilder und welche Impulse in Form von Text ich zu einem Ganzen verweben könnte. Irgendwann im Dezember, im ersten Stadium der Ideensammlung, betrachtete ich an einer Bushaltestelle wartend das Wort „Haltestelle“ und sah plötzlich das Wort „Haltestille“ vor mir. Ein Wortspiel, das weitergedacht gut zu meinen immer konkreter werdenden Plänen für die Ausstellung passte, bei der ich auch Impulse anbringen wollte, die die Aufmerksamkeit ganz auf den Moment in dieser Umgebung lenken sollen. Neben meiner Kunst war es mir ein Anlegen, auch ein Bewusstsein für den Moment an diesen Ort zu vermitteln.

Im Vergleich zu den Gegebenheiten eines Museums oder einer Galerie bringt eine Ausstellung im freien Raum, unter freiem Himmel, naturgemäß eine bewegtere Umgebung mit sich, eine, die sich ständig verändert.

 

So fließen Bewegungen der Menschen oder Fahrzeuge, die sich in dem Moment in der Umgebung abspielen, in die Wahrnehmung ein, so bilden Geräusche und Klänge von Stimmen und anderem eine momentane Klanglandschaft. Reflexionen der Bäume, die rund um den Schaukasten wachsen, spiegeln sich im Glas wieder, mischen sich in die blauen Bildlandschaften ein. Und alles darf ein natürlicher Teil des Betrachtens werden.

Die Ausstellung ist auch eine Einladung zum Innehalten. Zum genauen Beobachten, zum Lauschen und Wahrnehmen dieses Momentes in der „Stille-Haltestelle“, wie lange auch immer er andauert.
Es darf ein Wechselspiel zwischen meinen Bildern, der Umgebung und dem Bewusstsein des eigenen Inneraums im Körper entstehen.

Als ich am 06. Jänner dann das erste Mal vor Ort war, habe ich festgestellt, dass der Schaukasten Teil eines kleinen, offen angelegten Häuschens ist, schlicht gestaltet mit vier Eckpfeilern, das Dach ebenfalls nur in seinen Umrissen angelegt und nach oben hin Richtung Himmel offen gelassen.


Auf der gegenüberliegenden Seite des Schaukastens befindet sich eine kleine Sitzgelegenheit, eine Bank aus Holz, die zum Verweilen einlädt. Mein inneres Bild der Halte-Stille, der stillen Haltestelle, wurde in diesem Moment eins mit der realen Umgebung.

Und so ging es mir auch mit einem weiteren Bild, das in den Vorbereitungen meiner Gedanken und Wortspiele aufgetaucht und Platz gefunden hatte:

In der musikalischen Sprache gibt es ein Symbol, das ein Innehalten zur Folge hat: die Fermate (italienisch fermare „anhalten“) kann sich sowohl auf einer Note als auch auf einer Pause befinden. Sie steht für ein Verweilen im Moment, für ein bewusstes Langziehen des Momentes, wie auch immer er sich uns gerade zeigt. Sie ist einfach und schlicht ein nach unten offener Halbkreis mit einem Punkt in der Mitte.
Vielleicht ist der Punkt auch der Kopf eines Menschen, und der Halbkreis ein Schirm unter dem wir mal kurz Pause machen können. Ein Schirm der uns Schutz gibt, unter dem es sich gut verweilen lässt.

Dieses Symbol floss in den Titel dieser Ausstellung ein. Die Fermate fand ihren Platz über der “stelle“, eins-werdend mit dem Buchstaben, der die Stille von der Stelle unterscheidet.

 
 

Mit diesem Titel im Kopf und Skizzen der Ausstellung, aufgezeichnet auf Papier, machte ich mich an diesem besagten 06. Jänner auf den Weg in die Endresstraße, um diesen Ort, mit dem ich in Gedanken schon so verbunden war, tatsächlich kennenzulernen.
Kurz vor meinem Ziel musste ich einige Momente innehalten um die großen, beeindruckenden Aquädukt-Bögen in dunkelrotem Ziegelstein, - ein 750m langes, denkmalgeschütztes Bauwerk der Wiener Wasserversorgung, zu bestaunen, - die Existenz dieser Bögen war mir bislang entgangen.

Einige Fotos später, das Aquädukt hinter mir lassend, kam ich dann beim Schaukasten an und vertiefte mich gleich in Gedanken in den für die kommende Woche geplanten Aufbau und die Umsetzung meiner Ausstellung. Kurz bevor ich meinen Rückweg antrat, ließ ich noch einmal alles um mich herum wirken, - ganz im Sinne meiner Idee zur „Stille-Haltestelle“.


Winterliche Bäume und ihre feinen, wilden Muster,
die sich tiefschwarz in den Himmel zeichnen, ein paar Krähen über mir,
die frische Luft am Morgen, das Geräusch eines vorbeifahrenden Autos,
dann der Flügelschlag eines Vogels.

Die Umgebung betrachtend fiel mein Blick abschließend wieder auf den großen Bogen des Aquädukts, den ich nun von der anderen Seite zu Gesicht bekam. Aus einem bestimmten Winkel hatte ich dann beides im Blickfeld, den Schaukasten links und dahinter der Ausschnitt der Straße, über dem sich eine hohe Kuppel aus Himmel erstreckt, eingerahmt im Halbkreis des Bogens.

Dieser Bogen war das letzte fehlende Bindeglied zu meinen Ideen: für mich ist er der Bogen der Fermate, der sich in solch beeindruckender Größe in den Himmel zeichnet, dass es schwer ist, ihm zu entgehen.

Der Punkt, der das Symbol vervollständigt, tauchte in meiner Fantasie als Ballon auf, der freischwebend den Zwischenraum teilt.

 
 
 
 

Zu den Bildern der Ausstellung

Die Bilder, allesamt mit der Technik Cyanotypie (Eisenblaudruck) geschaffen, sind zwischen 2022 und 2024 entstanden und von Momenten des Innehaltens inspiriert.
Sie handeln von Begegnungen in und mit der Natur, von der Leichtigkeit feiner Gräser, von einer wohltuenden Zeitlosigkeit, von zwischenmenschlicher Verbundenheit.

It's a timeless feeling of just being.

 
 

Endhaltestille

Am 14.03.2025 findet zum Ende der Ausstellung eine kleine Veranstaltung statt, die “Endhaltestille”. Beginnend mit einem geführten „Silent Walk“ durch die Umgebung von Mauer findet sie vor der „Stillen-Haltestelle“ ihren Ausklang: die Stille, die während des Spaziergangs in uns entstehen durfte, mündet dort in den Anblick der blauen Bilder, verwandelt sich in gesprochene Worte und schließlich Klänge, die das Ausstellungsende umrahmen.

Hier geht’s zur Veranstaltung “Endhaltestille”

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“Landscapes of a quiet mind” - Konzert & Vernissage in der Sargfabrik